Grüne Aussichten für Krankenhäuser
Fachtagung von BBIV und BayIKa
Thomas Schmid: „Es freut mich sehr, dass wir nach Grüne Fabriken, der ersten gemeinsamen Veranstaltung mit der Bayerischen Ingenieurekammer Bau, mit Grüne Krankenhäuser ein weiteres vielversprechendes Thema im Bereich Bauen & Energie besetzen und anschieben konnten“, sagte der BBIV-Hauptgeschäftsführer rückblickend. Die „grüne“ Erneuerung habe den Gesundheitsbereich erreicht und zeigt: Jedes Krankenhaus kann seinen Energieverbrauch senken. Dies eröffne branchenübergreifende Marktchancen. Sie zu nutzen, ist gut für die Umwelt, gut für die Patienten, gut für die Betreiber und gut für die Bauunternehmen, die den Wandel realisieren. „Dass wir diesem Megatrend, der momentan noch in den Kinderschuhen steckt, in unserem Zentrum in Stockdorf eine Plattform für Information, Austausch und neue Projektideen bieten konnten, sehen wir als wichtigen Beitrag, um Geschäftsmodelle auszuloten und das Verbandsnetzwerk strategisch zu erweitern.“

Lösungen für die Energiewende – eine Ingenieursleistung
„Eine flächendeckende Krankenhausversorgung ist angesichts der demographischen Entwicklung unverzichtbar“, betonte BBIV-Vorstandsmitglied Prof. Dipl.-Ing. Reinhold Krämmel bei der Eröffnung der Fachtagung Grüne Krankenhäuser Mitte Juli in Stockdorf. Wichtig sei es, ganzheitlich zu denken. Der Effizienzgedanke müsse bei der Energieerzeugung, der Gebäudehülle und dem Betrieb im Krankenhaus angewandt werden. Prädestiniert sei der Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), da in Krankenhäusern Wärme und Strom permanent gebraucht werden. Das Entscheidende aber, um vom Green Hospital-Trend zu profitieren, sei echter Mut zur Innovation.
Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil
Diese Auffassung teilte auch Peter Lechner vom Bayerischen Gesundheitsministerium. Bayerische Kliniken sollen zukunftsfähig aufgestellt sein, neue bautechnische Standards erfüllen und die Dynamik baulicher Veränderungsprozesse nutzen. „Alle bayerischen Krankenhausträger sind sich der Vorteile umweltgerechter Bauvorhaben bewusst“, zeigte sich Lechner überzeugt. Bis 2018 seien 133 Krankenhausbauvorhaben mit einem Gesamtvolumen von 2 Milliarden Euro zur Finanzierung vorgesehen – ein wichtiger Auftragsschub, auch für die Bauwirtschaft. Ökologisch vorbildliche Krankenhäuser ehrt das Ministerium mit der Auszeichnung als Green Hospital Bayern.
Leuchtturmprojekt Lichtenfels
Ein solches Green Hospital ist das Helmut-G.-Walther-Klinikum in Lichtenfels. Die 1973 erbaute und in die Jahre gekommene Einrichtung stand 2009 vor der Frage: Sanierung oder Neubau? Baufällig waren sowohl die Baukonstruktion, als auch die TGA und die Organisation des Betriebs. „Nach Abschluss der Prüfungen lagen die Kosten für eine Generalsanierung mit 90,4 Millionen Euro in einer Größenordnung vergleichbar mit einem kompletten Neubau für 97,7 Millionen Euro“, erklärte Michael Jung, Geschäftsführer des Klinikums Lichtenfels. Mit der energetischen Betrachtung, die eine Kostenersparnis von mindestens 500.000 Euro pro Jahr anpeilt, amortisieren sich die 7,3 Millionen Euro Mehrkosten für einen Neubau nach ca. 10 Jahren. Angesichts der kürzeren Bauzeit, der Wahrung des Betriebs und weil staatliche Fördergelder keinen Unterschied zwischen Sanierung und Neubau machen, lag die Entscheidung schnell auf der Hand: „Ein Ersatzneubau muss her.“

Über eine Sonderförderung des Freistaats flossen 8 Millionen Euro zusätzlich ins Budget, genauer: in die Planung bauenergetischer Maßnahmen. Einige davon haben Pilotcharakter. So soll etwa die Gebäudehülle durch eine Dreifachverglasung besser gedämmt und der Betonkern zur Wärmerückgewinnung aktiviert werden. Regenerative Energien kommen mit Solarthermie auf dem Dach, Photovoltaik an der Fassade und Geothermie zum Einsatz. Alle neuen technischen Standards sollen nach dem Einbau streng evaluiert werden. Der Rolle als Benchmark ist man sich in Lichtenfels bewusst. 2017/2018 soll das Green Hospital Lichtenfels bezugsfertig sein.
Ein Krankenhaus tickt wie ein Herz
Aus Sicht von Torsten Grätz von Vamed setzt sich ein Green Hospital aus einer Vielzahl an Faktoren zusammen und funktioniert „wie ein Herz“. Wichtig sei es, von der Bauplanung bis zur Kalkulation der Betriebskosten ein Krankenhaus aus der Lebenszyklus-Perspektive heraus zu betrachten. Für die Realisierung von Green Hospital-Bauvorhaben plädierte Grätz für öffentlich-private Partnerschaftsmodelle (ÖPP).

Das reine Preisdenken überwinden
Ein weiteres konkretes Beispiel stellte Matthias Mühle von Dräger Medical GmbH vor. Das BBIV-Mitgliedsunternehmen ist Spezialist für energieeffiziente Anlagen, projektiert und baut Druckluftanlagen zur medizinischen Gasversorgung ein. Im Klinikum Nürnberg Nord ersetzte Dräger die bestehende Anlage durch eine energieeffiziente neue Druckluftanlage, die jährlich Energiekosten spart und bei den Investitionskosten sogar günstiger ist als der Standard. Im Bundeswehrkrankenhaus Ulm erzielte die Modernisierung der Gasversorgung, die als 4-fach Druckluftanlage inklusive einer Wärmerückgewinnung realisiert wurde, eine jährliche Einsparung in Höhe von 7.212 Euro bei 0,15€/kWh bzw. 9.715 Euro bei 0,20€/kWh. Doch so eindrucksvoll diese Zahlen auch seien, eine Ausschreibung sollte nicht allein nach dem Preis gehen, sondern nach dem energetischsten Angebot, mahnte Mühle an. Zeit für einen Bewusstseinswandel beim Auftraggeber.
