Gebäude als Materialbanken

Gebäude als Materialbanken

Produktivitätstreiber für die Bauindustrie

Der Wert von Materialien bestimmt im Wesentlichen, die Initiierung von Recyclingprozessen und die Zirkularität von Industriezweigen.

Während wertvolle Materialien wiederverwendet werden, werden „wertlose“ Materialien thermisch verwertet oder landen auf Abfalldeponien. In der Automobilindustrie werden aktuell 86,9 Gewichtsprozent [1] der verbauten Teile wiederverwendet, andere Sektoren wie bspw. der Hochbau in der Bauindustrie stehen noch am Anfang dieser Wertschöpfungskette. So sollen Gebäude die renoviert oder abgerissen werden, nicht wie bisher downgecyclet oder als Kostenfaktor betrachtet werden, sondern vielmehr als Vermögenswert und Lager wertvoller Materialien. Durch diese Betrachtung kann nicht nur die Produktivität von der Baubranche gesteigert, sondern Rohstoffe im Wert von mindestens 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr [2] eingespart werden.

Demontagestrategien von Bauelementen (Quelle: NexusHaus, TUM/ UTSoA)

BAMB - Buildings As Material Banks

Hier setzt das „BAMB“ Projekt an, es stellt nützliche Werkzeuge wie Materialpässe, Werkzeuge für reversibles Gebäudedesign und Methoden zur Bewertung zirkulärer Gebäudebewertungsmethoden zur Verfügung. Dafür werden vielfältige Informationen von unterschiedlichen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette benötigt. Nicht alle in Materialpässen gesammelten Informationen sind für alle Akteure relevant. Der Datenoutput ist über verschiedene Hierarchieebenen für den jeweiligen Nutzer zugeschnitten, um eine übersichtliche und benutzerfreundliche Datenverarbeitung sicherzustellen.

Während der Projektlaufzeit wurden innovative Methoden zum reversiblen und transformativen Bauen erforscht, um Materialien über mehrere Lebenszyklen hinweg zu nutzen und wiederzuverwenden. Um diese Materialien künftig auf Plattformen und Marktplätzen handeln zu können, geht die Erstellung der digitalen Darstellung von Produkten, Komponenten und Materialien voraus. Für eine ganzheitliche Betrachtung werden zudem nicht-materialbezogene Daten erfasst. Ein Materialpass ist ein digitaler Repräsentant, der z.B. Faktoren wie Energiebilanz und -verbrauch, aber auch relevante Daten für die Kreislaufwirtschaft enthält. Eine weitere Anforderung bei der Wiederverwendung und dem Recycling von Materialien und Produkten ist deren zunehmende Komplexität. Viele Produkte enthalten heute verschiedenen Materialtypen und -schichten, die auf unterschiedliche Weise miteinander verbunden sind, um die für die Anwendung eines Produkts relevanten mechanischen und physikalischen Eigenschaften zu erzielen. Aus diesem Grund bietet die Designphase mit dem Konzept des "Design for Disassembly" und "Design for Recycling" Potenzial, um ein Produkt oder Gebäude so zu gestalten, dass es leicht auseinandergenommen, wieder in Betrieb genommen, oder saniert werden kann. Eine weitere Stellschraube ist die Nutzungsphase. Informationen über Materialien können über das Gebäudemanagement gepflegt und ein Veränderungsprozess am Gebäude (z.B. Umbau oder Sanierung) dokumentiert werden.

Beispiel eines Zirkularitätspasses (Quelle: epea.com/leistungen/gebaeude )

Ausblick

Damit das „Proof-of-Concept“ (die positiv durchgeführte Machbarkeitsstudie) eine reale Anwendung findet, müssen alle Akteure in den Dokumentationsprozess und Informationsaustausch eingebunden werden. Es besteht Bedarf an standardisierten Lösungen und Schnittstellen, um den Prozess der Materialbewertung zu (teil-) automatisieren, eine gemeinsame Sprache zu finden und den Nutzen für alle Bau beteiligten Akteure zu maximieren. Durch die Bereitstellung von Informationen zu Materialien und Produkten im Materialpass seines aktuellen Zustands, zur Historie (d.h. durch Wartungs- und Expositionshistorie) und des Standorts im Gebäude, können potenzielle Risiken reduziert, ein akkurater Wert für den Gebrauchtwarenhandel (z. B. Urban Miner, Materialhändler etc.) ermittelt und eine frühzeitige Marktfindung gewährleistet werden. Unternehmen wie EPEA[3] und Madaster[4] sorgen für eine breite Anwendung und leisten mit ihren digitalen Materialpässen einen entscheidenden Beitrag zu einem systematischen Wandel hin zu einer kreislauffähigen Bauwirtschaft.

Reversible Module (Quelle: https://www.bamb2020.eu/wp-content/uploads/2018/02/P1010491_red.jpg)

Kontakt

Bei Interesse an weiterführenden Informationen empfehlen wir folgende Webseite www.bamb2020.eu . Dort können bspw. interessante Videobeiträge sowie Publikationen ( https://www.bamb2020.eu/library/ ) gefunden werden.

Für Fragen steht der Lehrstuhl für energieeffizientes und nachhaltiges Planen und Bauen ( sekretariat.enpb.bgu@remove-this.tum.de , 089 289 23990)  der Technischen Universität München sowie die Projektplattform Energie + Innovation ( s.haseloff@remove-this.ppe.tum.de , 089 289 28153) sehr gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.

 

 [1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und Umweltbundesamt: Jahresbericht über die Altfahrzeug-Verwertungsquoten in Deutschland im Jahr 2019, https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Verkehr/jahresbericht_altfahrzeug_verwertungsquoten_2019_bf.pdf

[2] Circularity in the Built Environment enabled by Digitalization https://www.bamb2020.eu/wp-content/uploads/2018/07/BAMB-SBC-One-Planet-Network-event-6-July-2018.pdf

[3] EPEA GmbH – Part of Drees & Sommer https://epea.com/

[4] Madaster Germany GmbH madaster.de